Herbert Wilhelm Josef GRATZY, Edler von WARDEN(E)GG (geb.: 03-05-1893, Laibach - verst.: 18-01-1940, Sprungunfall Fallschirmschule Wittstock, Deutschland) wurde am 15-10-1914 als Leutnant von der Militärakademie (Eintritt 1912, davor 1909-1912 Kadettenschule Graz-Liebenau) zum DR 5 ausgemustert.
Er war vorerst als Zugskommandant in der Ersatz-Eskadron in Marburg zur Ausbildung neuer Rekruten eingeteilt und rückte am 2. Dezember 1914 mit 16 Ersatzreitern zur 4. Eskadron DR 5 an der Ostfront (Karpaten) ein.
Bild 1: (Indizien-Identifizierung mit hoher Wahrscheinlichkeit aufgrund Gesichtsvergleich und Herkunft des Fotos) Herbert v. GRATZY als Leutnant und Kommandant der Fuß-Eskadron DR 5 für die 4. KTD, zu datieren Frühjahr 1915, Nachlass Tax-Szilvay
Daten und Lebenslauf: dankenswerterweise Helmut König, Adolf Bauer, Hans Edelmaier: "Major Herbert von Gratzy - ein österreichischer Fallschirmpionier", Artikel in PALLASCH 9, Sommer 2000, Seite 56ff
Vater: Hofrat Dr. Oskar GRATZY v. W., Gymnasialprofessor in Laibach, später Wien-Margarethen, Präsident des Radfahrervereins in der Region Krain ("Radfahr-Pionier"), später Grazer Stadtrat (christlich-sozial), Author zahlreicher Literatur-, Geschichte- und Geographie-Bücher, k.u.k. Leutnant d. Res.
Mutter: Antonia (RAAB v. RABENAU).
Schwester: Elfriede, erste Klosterschwester (Ursulinen), welche das Doktorat in Philosophie an der Universität Graz erlangte, zahlreiche akademische Veröffentlichungen.
Den Adelstitel "Edler von WARDENGG" erhielt Großvater Josef, Hauptmann der Landwehr i.R., im Juni 1899 zuerkannt. Es gab in der Unterkrain in Slowenien einen Ort WARDENEGG, heute Gemeinde STRAZA. Es treten bzgl. des Adelsprädikats von GRATZY beide Schreibweisen (WARDENGG / WARDENEGG) auf.
Gattin: Anna Maria Rosina PREINER (02-04-1899 - ?), Tochter des Weinhändlers Gustav PREINER, Oberwaltersdorf 51; geschiedene FORMANEK (22-01-1925), standesamtliche Heirat 16-07-1925. Einvernehmliche Annullierung der Ehe 1935.
Militärische Laufbahn (nach der Militärakademie):
Nachstehend einige Auszüge aus dem DR 5- Buch bzw. aus seinem Kriegstagebuch, als GRATZY noch Leutnant beim DR 5 war:
Dezember 1914
"Die 4. Eskadron marschierte am 28. von Fias nach dem nordwestlich von Giralt gelegenen Orte Kalnas, wo sie sich bis zum 8. Dezember ihrer Erholung widmen konnte. Vom Kader traf während dieser Zeit Lt. Herbert v. GRATZY mit 16 Reitern als Ersatz ein.
Am 22. verblieb die 4. Esk. in Dembowiec, wohin auch die 2. kam. Nur Lt. v. GRATZY mit 12 Reitern wurde der 43. LIBrig in Osobnica (8 km südwestlich von Jaslo) zugewiesen und machte mit dieser den weiten Rückzug mit. Als Kommandant der am 19. Jänner in Bartfa eingetroffenen, 101 Mann starken Fußeskadron unseres Regiments war Lt. v. GRATZY bestimmt worden".
31. Jänner 1915
"Obstlt. FRÖHLICH mit vier Fußeskadronen hatte südlich Alsomerse erneuert Stellung zu nehmen; die Fußeskadron GRATZY stand südlich der Brücke und hatte an dieser eine Wache zu unterhalten. Am 7. Februar kam sie nach Haszlink (2 km südlich von Kiskurima). Die Kälte hatte nachgelassen, Tauwetter schien im Anzuge. Die ursprünglich über 500 Mann starke Fußabteilung hatte durch die Gefechte und Wetterunbilden bereits gegen 150 Mann verloren; die Eskadron GRATZY zählte nur noch 53 Mann, wurde daher bis auf weiteres der Eskadron DR 15, Oblt. v. FRÖHLICH angegliedert.
Am 9. März arbeitete sie gemeinsam mit der Eskadron DR 15 an einer zweiten Stellung westlich Tizseny, worauf beide Eskadronen über Sztropko nach Köröseny (nordöstlich davon) marschierten und dort der 21. KBrig unterstellt wurden. Die Eskadron GRATZY wurde zur Hälfte beim UR 13 eingesetzt, sodann am 11. nachmittags abgelöst und wieder nach Banyavölgy zurückbefohlen, wo sie die folgenden zwei Tage volle Ruhe hatte".
März 1915:
"Der 28. März wurde ein Ruhmestag für die 4. KTD. Dreimal stürmte der Feind, die 12. sibirische Schützendivision, gegen ihre Waldstellungen an, hauptsächlich gegen die linken zwei Drittel des Abschnittes, das heißt gegen DR 15, Fußabteilung, DR 9 und LIR 12. Er wurde unter schweren Verlusten überall abgewiesen".
Lt. v. GRATZY schildert die Vorgänge bei seiner Eskadron wie folgt:
„Als es gegen 6 Uhr morgens licht zu werden beginnt, kommen Feldwache und Horchposten im vollen Lauf zurück und melden das Anrücken der Russen. Bald darauf erscheinen am Rande unserer Vorfeldlichtung zwischen den Bäumen einzelne Pelzmützen, deren Träger behutsam auslugen. Da wir nur etwa 100 Schritt Ausschuss haben, verhalten wir uns vorerst noch regungslos. Durch dieses Stillschweigen ermutigt, geht der Feind rasch weiter vor. Nun eröffnen wir ein Schnellfeuer, das von den Angreifern sofort erwidert wird. Auch bei unseren Nachbarn zur Rechten und zur Linken hebt nun das Geknatter an. Da kommt den Stürmenden ihre Artillerie zu Hilfe, deren Wirkung gewaltigen Eindruck macht. Bäume werden geknickt, Äste fliegen umher, auch an unseren Deckungen entstehen allerlei Schäden, es ist ein Höllenlärm. Immer näher kommen sie heran, mehrere Linien hintereinander, manche der kühnen Stürmer sind kaum noch 20 Schritte entfernt, für jeden, der fällt, stehen zwei neue auf. Getroffene schreien auf, Verwundete rollen zurück, das „Urah! Urah!" der Anrennenden erschüttert die Luft. Aber unsere braven Dragoner verlieren weder den Mut noch den Kopf. Nach mehrmaligem vergeblichem Anrennen bricht der Angriff in unserem Feuer zusammen. Der Gegner beginnt sich nun auf 80 bis 100 Schritt vor uns einzugraben; ein Teil hält unsere Linie unter Feuer. Da unser Patronenvorrat von 120 auf durchschnittlich 70 gesunken ist, also für kommende Kämpfe gespart werden muß, lasse ich das Feuer nur durch einige gute Schützen fortsetzen. Meine Dragoner sind auch im größten Gefechtslärm sehr aufmerksam und halten vorzügliche Feuerdisziplin. Nach zwei Stunden kommt Munitionsnachschub: zwölf Patronen per Karabiner. Abends wurde jeder Karabiner für den Nachtschuss eingerichtet. Während der Nacht hört man den Gegner graben, Konserven öffnen und sprechen. Wir stören ihn durch einige gut sitzende Salven. Meine Leute haben sich hervorragend brav gehalten, ihre Stimmung ist famos. In der Dunkelheit kriecht Drag. FORSTNER nach vorne und schneidet einem toten Russen die Achselklappen ab, sie zeigen die Nummer des sib. SchR. 47. Von den Chargen sind besonders Zgsfr. ZÖHRER und KAISER hervorzuheben. Gegen Morgen nahm man wahr, daß sich der Gegner weiter zurückgezogen und vor unserer Stellung nur Feldwachen belassen hatte. Drag. PRAH ist der erste, der sich vorschleicht, er erblickt eine Menge Russen in der Feuerlinie, wähnt also dies noch besetzt, doch bald erkennt er, daß es lauter Tote sind. Vor unserem Frontstück liegen deren 50 bis 60 sowie viele Verwundete. Auf eigener Seite sind nur fünf Verwundete. Alle Vorgesetzten sind voll des Lobes über die glänzende Haltung unserer Leute. Obstlt. FRÖHLICH bestimmt: „Heute ganze Menagezubuße den braven Fünfern!" Der Armeeoberkommandant Erzherzog FRIEDRICH widmete der 4. KDiv in einem Befehlsschreiben Worte höchster Anerkennung für ihre ausgezeichnete Haltung."
Lt. v. GRATZY erhielt für diese tapfere und geschickte Gefechtsleitung die Militärverdienstmedaille.
Mai 1915
"Während der sich nun entspinnenden Schlacht am Wislok und südwestlich Sanok stand die 4. KTD samt ihren Schützen in Reserve. Nachdem der feindliche Widerstand gebrochen war, konnte am 12. Mai bei schönstem Wetter der Vormarsch gegen Sanok aufgenommen werden. Die Schützendivision drängte im Vorgehen nördlich der Straße russische Nachhuten kampflos zurück, wobei Lt. v. GRATZY mit seinen Dragonern 19 Gefangene machte. Die 4. KTD, dem Feinde hart auf den Fersen, durchfurtete am Spätnachmittag den San östlich Sanok; die Schützen konnten, da die Brücke abgebrannt war, erst am folgenden Tag frühmorgens auf einen Notsteg den Fluß überschreiten. Nördlich Tyrawa Woloska (an der Straße gegen Przemysl) gerieten BERNDTs Truppen in ein hitziges Gefecht mit einer starken russischen Nachhut, die durch einen kräftigen Gegenangriff die lästigen Verfolger abzuschütteln versuchte. Die Schützen kamen gerade noch zurecht, um entscheidend in den Kampf einzugreifen. Leider war der Sieg mit schweren Opfern erkauft; auch der hervorragend tüchtige und tapfere Führer der Schützendivision, Obstlt. Freih. v. FRÖHLICH, erhielt hier eine schwere Verwundung, die ihn dauernd invalid machte. Die Eskadron GRATZY, die sich wieder glänzend geschlagen hatte, zählte bei einem Gefechtsstand von 70 Mann, 12 Tote und 15 Verwundete. Zgsfr. KAISER erkämpfte sich in diesem Gefecht die Goldene Tapferkeitsmedaille."
"Mit dem Abgang des Oblt. GRATZY (Anmerk.: Spitalsaufenthalt 25-06- 1915 bis 01-09-1915 und anschließend Einteilung bei der MG-Abteilung), dessen sorgfältig geführte Tagebuchaufzeichnungen die Grundlage für vorliegende Darstellung der Ereignisse bei der Schützen-Division bilden, versiegt die Quelle der Berichterstattung, so daß die ferneren Schicksale der Fuß-Eskadron DR 5, die übrigens auf etwa 30 Mann zusammengeschmolzen war, nicht weiterverfolgt werden können" (BERNDT/GARIBOLDI).
Militärverdienstkreuz III. Klasse, Jänner 1915
Silberne Militärverdienstmedaille, Februar 1915
Schwerter zur Bronzenen wie Silbernen MVM, Februar 1917
Karl-Truppenkreuz, April 1917
Militärverdienstkreuz III. Klasse mit Krone, September 1917
Orden der Eisernen Krone III. Klasse, Dezember 1922, nachträglich
Österr. Militärverdienstkreuz III. Klasse, Oktober 1937
Ungarische Kriegserinnerungsmedaille mit Schwertern, November 1937
Galerie unten:
1. Grazer Volksblatt, 12. Jänner 1915, Bericht über Gefangennahme von 43 Russen.
2. Marburger Zeitung, 17. September 1915, gedichteter Liedtext, "Fünfer-Dragoner-Schützenmarsch", Melodie: Nikolaus Graf Fuchs (Kommando Ersatz-Eskadron DR 5, Marburg).
3. + 4.: Grazer Tagblatt, 16. Dezember 1923 und 30. Dezember 1923, Gesellschaftstanzabend zu Gunsten der Witwen und Waisen des DR 5, Solotänzer Rittmeister Gratzy in "Charaktertanz".
5: Bezirksbote Bezirk Bruck a. d. Leitha, 7. Juli 1929, Bericht über die "Gratzy-Girls".
6 - 8.: Neues Wiener Journal, 5. August 1936, Bericht über die "Fallschirmspringergruppe 71" mit Foto Herbert Gratzy in Uniform.
9. Das Interessante Blatt, 10. September 1936, Foto eines Absprungs mit MG, "Kommandant der freiwilligen Übung Major Herbert Gratzy".
10. Badener Bezirksblatt, 4. Dezember 1895, Vater Oskar, Würdigung als Obmann des Krainer Radsportvereins.
11. Grazer Tagblatt, 19. Oktober 1910, politische Kritik über Vater Oskar.