Oblt – Rittm. Gilbert Heinrich Karl August IN DER MAUR auf STRELBURG und zu FREYFELT (15-08-1887, Vaduz; bis 13-09-1959, Pörtschach/Wörthersee), Südtiroler, war Anfang des Krieges Oberleutnant in der 4. Eskadron DR 5.

Eltern: Carl von IN DER MAUR und Auguste von KOGERER, Tochter des Heinrich Ritter von KOGERER (Heirat 11-09-1883, Wien), einziger Sohn.

Er heiratete bereits vor dem Kriege am 17-09-1910 die erst 18-jährige Maria Gertrude Valeska Rosa Aloisia BARBO von WAXENSTEIN (*21-06-1892) in Kroisenbach (Rakovnik pri Šentrupertu). Der spätere Journalist und ORF-Intendant Wolf IN DER MAUR war ihr Sohn. Jener hatte noch 2 Geschwister.

Die Ehe wurde am 14 09 1920 geschieden. Maria BARBO von WAXENSTEIN heiratet danach einen Regiments-Kameraden Gilberts, nämlich Marino Graf PACE (19-10-1920, Wien).

Gilbert hatte einen etwa gleichaltrigen Cousin, Robert, der beim DR 3 Offizier war.

 

Bild: Ausschnitt Gruppenbild mit 3 Offizieren, identifiziert, Gilbert als Oberleutnant, Kaserne Marburg, zu datieren vor Februar 1915, Nachlass Otto URBAN

 

Am 25./10. 1916 wurde Gilbert IN DER MAUR, als Nachfolger von Rittm Schildenfeld, Kommandant der sogenannten Marsch-Eskadron DR 5 in Südtirol an der Südwestfront.  Gilbert schrieb nach dem Krieg einen detaillierten Bericht über diese selbständige Schwadron, der insbesondere auch die tragischen letzten Tage der Schwadron und der steirischen 6. ID des Jahres 1918 dokumentiert. Dieser Bericht war Grundlage der Forschungsreise 2024 des Geschichts- und Traditionsvereins.

 

Nach dem Krieg schlug Gilbert die journalistische Karriere ein und war ab Juli 1930 bis 22 02 1931 Chefredakteur der „Wiener Neueste Nachrichten“ (1925-1945). Ebenso war er Chefredakteur des Innsbrucker Morgen- und Abendblatts „Alpenland“ (1920 – 1934), „Wochenschrift der Großdeutschen Volkspartei für Tirol“.

Er war nationaldeutscher Gesinnung und Verfechter des Anschlusses Österreichs an Deutschland. 1918 - 1933 spielte er eine aktive Rolle in der Anschlussbewegung und war ein führendes Mitglied der österr. NSDAP (Quelle: Landesarchiv Lichtenstein). Er wurde leitendes Mitglied der SA bei Josef LEOPOLD. 1939 - 1945 war er in der Abwehrstelle in Wien tätig. Allerdings dürfte er es gewesen sein, der seinen Regimentskameraden Carl ZENONE vor dem KZ gerettet hat (mündliche, aber ungenaue Überlieferung URBAN).

Gilbert beschäftigte sich vornehmlich mit Politik und Wirtschaft und veröffentlichte 1936 das Buch "Die Jugoslawen, Einst und Jetzt" sowie 1938 ein drei-bändiges Werk über Jugoslawien, „Der Weg zur Nation. Jugoslawiens Innenpolitik 1918 – 1938“, in welchem er mit Bezugnahme auf seinen Offiziersdienst im DR 5 schreibt: „Je mehr ich mich aber in meinen Garnisonen Laibach, Görz und Marburg mit den nationalen und sozialen Fragen der Slowenen vertraut machte und im Krieg deren Auswirkungen wahrnahm, desto klarer wurde mir, daß das Nationalprinzip auch den Südslawen nicht vorenthalten werden konnte…“

Grundsätzlich sah er, wie die Lösung Jugoslawiens für die Slowenen, auch die analoge Angliederung Österreichs an Deutschland als die beste Lösung einer neuen politischen Ordnung nach dem I. Weltkrieg an.

Nach dem II. Weltkrieg 1951 war Gilbert Sensal (Versteigerungsmakler) am Klagenfurter Dorotheum.

Gilbert trug zur Regimentsgeschichte vor allem durch einen ausführlichen Bericht über seine Erlebnisse am Anfang sowie am Ende des Krieges bei (20x Namensnennung).

Er war, wie Kamillo BREGANT, einer der Ersten, welche sofort zu Kriegsbeginn in Galizien zur Fernaufklärung mit 15 Reitern der 4. Eskadron gegen Zborow eingesetzt wurde:

„Gerade als ich die bezügliche Meldung schrieb, trabte eine feindliche Eskadron mit einem Maschinengewehr, von Nordost kommend, auf ungefähr 1 km Entfernung sorglos hinter der gut versteckten Patrouille vorüber. Mit der Meldung an das 22. LITD-Kmdo wurde Drag. OBERGUGGENBERGER zurückgeschickt (er legte die etwa 50 km lange Strecke bis Hanaczow in 2 Stunden 45 Minuten zurück). Weitere bis in den Abend hinein unternommene Versuche, durch Reiterpaare in den Raum um Zborow Einblick zu gewinnen, scheiterten überall an dem Abwehrfeuer der feindlichen Sicherungen, woraus zu folgen war, daß sich dort stärkere Kräfte befinden müßten… Um darüber Gewißheit zu erlangen, entschloß ich mich, nur von dem sehr gut berittenen Dragoner RUSS begleitet, alleine auf den Weg zu machen…. Nach einer Weile plötzlich ein Anruf: „Stoj!" - ein Schuß fällt. Darob scheut das Pferd des Dragoners und verschwindet mit seinem Reiter in der Dunkelheit…. In nicht allzu weiter Ferne flimmern Lichter, anscheinend Lagerfeuer…, ein ausgedehntes Truppenlager: zunächst Kavallerie, dann Infanterie, dann Artillerie. Zur linken taucht ein großes Dorf auf... Am Eingange liegen zahlreiche schlafende Soldaten; aufgeschreckt feuern einige... Endlich ist der Ortsausgang erreicht, da kommen einige Reiter im Galopp entgegen und hauen im Vorbeijagen auf mich ein. Zum Teil pariere ich die Säbelhiebe, zwei aber treffen meinen Helm, ein Stich durchbohrt den umgehängten Pelz. Unverfolgt entkommend und nordwärts weitergaloppierend, gerate ich in einen Wald, wo ich mein durch den langen Hetzritt erschöpftes Pferd anhalte… Die um 1 Uhr 30 nachts durch zwei Reiter abgesandte Meldung, eingetroffen in Hanaczow am 25. August um 8 Uhr 25 morgens, enthält die Feststellung von 10- 18 Eskadronen, ungefähr 14 Bataillonen, 70-80 Geschützen, einem höheren Kommando und viel Train im Frei- und Ortschaftslager in der Gegend von Zborow. Es war dies die erste sichere Kunde über den Anmarsch starker feindlicher Kräfte in dieser Richtung“.

Oblt. v. IN DER MAUR erhielt für seinen so erfolgreichen Ritt als erster Offizier des Regiments das Militärverdienstkreuz III. Klasse.

 

IN DER MAUR erzählt über eine nächtliche Panik im September 1914:

„Die beiden Schwadronen unter Führung des Obst KRANZ bildete die Nachhut der zurückgehenden Truppendivision. Es wird wohl Mitternacht gewesen sein, als wir in Rottenkolonne zuwartend standen. Die Truppen flossen sehr langsam ab. Plötzlich begann in ziemlicher Entfernung nördlich von uns eine Schießerei, die sich anschwellend rasch südwärts fortpflanzte. Als auch die Truppen in unsrer Nähe zu schießen anfingen, erscholl plötzlich von rückwärts der Ruf „Kosaken!" und „Schwarmattacke rückwärts!". Darauf entstand ein wildes Durcheinander, alles schrie und schoß, niemand wußte, wen er vor sich habe, wo der Feind sei und wozu attackiert werde. Als sich die Eskadronen wieder gesammelt hatten, spürte ich, daß ich am Bein verwundet war."

Die Sache war noch verhältnismäßig glimpflich abgegangen, nur Gilbert war verwundet, 3 Pferde waren tot, Rittm GÖTZ und 14 Reiter fehlten.

 

Mit 1. Februar 1915 wurde IN DER MAUR Rittmeister.

Am 25. Oktober 1915 übernahm IN DER MAUR zunächst das Kommando der 4. Schwadron.

 

Seine Erlebnisse in den letzten Tagen des Krieges ("Schwadron Südtirol") werden im Buch der Regimentsgeschichte wie folgt geschildert: „Von der allenthalben eingerissenen Fahnenflucht blieb die Schwadron vollkommen unberührt; auch die acht Tschechen erklärten, bis zum Ende ausharren zu wollen. Am Abend rückte IN DER MAUR mit seiner Schwadron befehlsgemäß nach Chiesa und am Morgen des 3. [November 1918] nach Carbonare, wo er das Engtal sperren sollte. Da traf um 8 Uhr 30 die Verständigung ein, daß der Waffenstillstand abgeschlossen sei, und eine Stunde später der Befehl, nach Caldonazzo zu marschieren, wo sich die 6. ID sammeln werde. Durch die regellos auf der Straße zurückflutenden Truppen und Trains abgedrängt, von vorgeprellten italienischen Patrouillen beschossen und in der Erkenntnis, daß der Raum von Caldonazzo bereits durch den Feind, der sich offenbar nicht an den Waffenstillstand kehrte, bedroht sei, beschloß der Schwadronsführer, den Weg über die Fricca-Straße in Richtung Trient zu nehmen. In einem verwegenen Ritt über einen steilen Geröllhang hinauf, wurde diese Straße glücklich erreicht. Um 1 Uhr nachmittags gelangte die Schwadron nach Vigolo Vattaro, wo Essens- und Futterrast gehalten wurde. Mit Zustimmung des unterdessen eingetroffenen Divisionärs, brach IN DER MAUR um 3 Uhr nach Trient auf, in der Absicht, diese Stadt ehestens hinter sich zu bringen, um nicht durch die eilig vordringenden Italiener abgeschnitten zu werden. Als sich die Schwadron der Stadt näherte, waren dort bereits italienische Trupps eingerückt. Der Rittmeister führte daher seine Abteilung östlich ausbiegend so, daß nur der Ostteil durchritten werden mußte. Dort, auf der Piazza d'armi, versperrte eine italienische Kavallerieabteilung den Weg, die jedoch den mit ergriffenen Säbeln kampfentschlossen herantrabenden Dragonern im letzten Augenblick den Weg freigab. Nun war die Schwadron dem Zugriff der Italiener entzogen. Sie erreichte am 4. morgens Bozen, dann über Brixen -­ Franzensfeste - Sterzing weitermarschierend, am 7. abends Innsbruck, wo auf Anordnung des Tiroler Wehrausschusses abgerüstet wurde. Der gute Geist, der die Schwadron stets ausgezeichnet, hatte sich bis zum Ende bewährt; sie hat ihr Dasein in Ehren abgeschlossen“.

 

Gilberts Schwadron war somit wohl die einzige Reitereinheit, welche am Ende des I. Weltkriegs beritten Inner-Österreich erreichte und als Kavallerie abrüstete.

 

Militärverdienstkreuz III. Klasse

 

Noch zu erforschen (Nationalbibliothek): Biographisches In der Maur, Gilbert [Verfasser], Wache, Karl, [Adressat] Teilnachlass Karl Wache, 24-05-1934

 

Unten:

Verlobungsfoto und Text, Zeitungsartikel "Wiener Salonblatt" vom 16 04 1910, ANNO-Zeitungen, ÖNB